So wird die BoP in der WEC 2025 kalkuliert: Mehr Daten, mehr Fairness?
Nach der Kontroverse um die Bewährungsstrafe gegen Rob Leupen wollen FIA und ACO mehr Transparenz in den BoP-Prozess bringen - Profitieren die LMDh mehr?
(Motorsport-Total.com) - Die Balance of Performance (BoP) bleibt natürlich das zentrale Thema in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Nach der umfassenden Überarbeitung des Systems im vergangenen Jahr haben die Regelhüter - der Automobil-Weltverband FIA und der Automobile Club de l'Ouest (ACO) - für die neue Saison weitere Anpassungen vorgenommen. Ziel ist es, mehr Transparenz zu schaffen.

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Die Balance of Performance in der WEC hat für 2025 einen neuen Prozess erhalten Zoom
Der wohl größte Paradigmenwechsel liegt in der Zielsetzung: Während 2024 alle Fahrzeuge innerhalb eines nicht näher definierten Leistungsfensters gehalten wurden, strebt die WEC nun eine "100-prozentige Konvergenz" zwischen den Fahrzeugkonzepten an.
Erstmals soll die Variable Reifenverschleiß in die Berechnung mit einfließen. Damit käme man vor allem den LMDh-Boliden entgegen, die über keinen Allradantrieb verfügen und daher gerade auf "Stop-and-Go"-Strecken wie Imola oder Bahrain einen Nachteil beim Reifenverschleiß auf der Hinterachse haben.
60 statt 20 Prozent aller Runden
Dafür wird nun eine größere Datenbasis herangezogen. Statt wie bisher nur die besten 20 Prozent der Rundenzeiten eines Autos zu analysieren, fließen nun die zehn besten Rundenzeiten jedes Fahrzeugtyps sowie 60 Prozent der besten Runden jedes einzelnen Fahrzeugs in die BoP-Berechnung ein.
Dadurch sollen sowohl die absolute Spitzenleistung als auch die Konstanz eines Autos über eine Rennphase besser berücksichtigt werden. In der Vergangenheit wurden lediglich die 20 Prozent besten Runden verwendet, die oft mit frischen Reifen erzielt wurden.
In der LMGT3 werden ausschließlich die besten 60 Prozent der Runden herangezogen. Das bedeutet, dass nun auch die Rundenzeiten von Silber- und Bronze-Fahrern eine größere Rolle spielen - ein entscheidender Unterschied zu 2024.
Höchstgeschwindigkeiten werden erstmals explizit berücksichtigt. Um Unterschiede im Topspeed ohne Windschatteneffekte zu erfassen, werden nun die schnellsten "sauberen" Runden, also ohne Windschatten, für die BoP-Kalkulation herangezogen.
Ein weiteres wichtiges Element ist die Art, wie sich die BoP über die Saison entwickelt: Die Anpassungen erfolgen auf Basis eines Durchschnitts aus den jüngsten drei Rennen maßgeblich für seine Einstufung in der aktuellen BoP ist. Für den Saisonauftakt in Katar sind also Austin, Fuji und Bahrain 2024 bestimmend.
Das Problem bleibt, dass die Strecken recht unterschiedlich sind. So kommen die Strecken nach Le Mans tendenziell mehr Toyota und weniger Ferrari entgegen als die Strecken vor Le Mans. Das Vorjahr will der ACO aber nicht heranziehen, weil zahlreiche Fahrzeuge Anfang 2024 noch im Anfangsstadium ihrer Entwicklung gestanden haben.
Wie fair ist das System für den Aston Martin Valkyrie?
Für Le Mans bleibt die übliche Sonderregelung: Die BoP für das 24-Stunden-Rennen wird separat berechnet und basiert ausschließlich auf Simulationsdaten. Damit soll das "Sandbagging", also das absichtliche Zurückhalten der wahren Leistung im Vorfeld des Rennens, verhindert werden.
Ein besonderer Fall ist der Aston Martin Valkyrie, der 2025 erstmals in der WEC an den Start geht. Da es für ihn keine historischen Renndaten gibt, wird seine Einstufung zunächst anhand der schnellsten Fahrzeuge aus den letzten drei Rennen vorgenommen.
Ohnehin wird Aston Martin in den ersten Rennen mit seinem neuen V12-Boliden andere Sorgen haben, als die letzte Zehntelsekunde in der BoP zu gewinnen.
Mehr Transparenz nach Leupen-Kontroverse 2024
Das BoP-System stand in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik, insbesondere wegen mangelnder Transparenz. Im Jahr 2024 sorgte Toyota für Schlagzeilen, als Teamdirektor Rob Leupen die Balance of Performance öffentlich kritisierte. Die FIA wertete seine Aussagen als unerlaubte Einflussnahme auf das Regelwerk und belegte Toyota mit einer Geldstrafe von 10.000 Euro auf Bewährung.
Dieser Vorfall hat offenbar Konsequenzen: 2025 erhalten die Hersteller nun mehr Einblick in die Daten, die zur BoP-Berechnung verwendet werden. Das soll die Transparenz erhöhen, bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich. Sollte sich herausstellen, dass Hersteller gezielt versuchen, das System auszutricksen, könnten die Regeln erneut angepasst werden.


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